Jugendgedenkfahrt in Gurs mit Schülern der KS1

08.05.2014

Malte Weber (KS1) und Ruth Bostedt (KS1) haben mit der Freiburger Delegation unter der Leitung des Freiburger Oberbürgermeisters Dr. Dieter Salomon das ehemalige NS-Lager Camp de Gurs

Malte Weber (KS1) und Ruth Bostedt (KS1) haben mit der Freiburger Delegation unter der Leitung des Freiburger Oberbürgermeisters Dr. Dieter Salomon das ehemalige NS-Lager Camp de Gursin den französischen Pyrenäen besucht. Die alljährliche Fahrt zum Gedenken der Deportation jüdischer Einwohner badischer und pfälzischer Städte konfrontierte die Jugendlichen mit dem wohl dunkelsten Kapitel der Freiburger, der badischen Geschichte.

Derzeit erforscht Malte Weber in seiner Seminarkursarbeit die Geschichte der Freiburgerin Fanny Grötzinger, die am 22.10.1940 verhaftet und in das französische Internierungslager Gurs deportiert wurde und an den Folgen der unmenschlichen Haft verstarb.

Eindringlich schreiben Ruth und Malte über ihre Eindrücke und die Recherchen vor Ort:

Wind und Regen: Das waren die ersten Eindrücke, die wir Teilnehmer der Gedenkfahrt, Delegierte und Jugendliche aus vierzehn Städten der Pfalz und Badens, von Gurs bekamen. Die Jugendlichen nahmen zunächst an einem Filmprojekt der Regisseurin Anne Castillo teil. Wir stellten zusammen mit französischen Kindern Szenen, die die Träume von Friederike Niedermann darstellen sollten, nach. So mussten wir z.B. Gleise auf und ab laufen, um eine Deportation nachzustellen. Frau Niedermann wurde als Jüdin zuerst aus ihrer badischen Heimat nach Gurs und später nach Auschwitz deportiert. Ausgezehrt wie sie war, wurde sie dort sofort vergast.

Nach den Filmaufnahmen gingen wir zusammen mit den Delegierten und Vertretern der Stadt Gurs auf den Deportiertenfriedhof. Dort liefen wir zu den Mahnmalen und hielten für die Opfer eine Schweigeminute ab. Politiker, Rabbiner und andere Vertreter der israelitischen Gemeinden sowie der Gurs-Überlebende, Paul Niedermann, eindrückliche Reden, in denen sie dazu aufriefen, niemals zu vergessen, was damals geschehen ist und dafür Sorge zu tragen, dass sich derartiges nicht wiederhole. Dabei hatten drei Jugendliche auch die Gelegenheit eine kurze Rede sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch zu halten, eine Gelegenheit, die ich wahrnahm.

Während die Delegierten nach der Gedenkveranstaltung zu einem Empfang eingeladen waren, setzten wir Jugendlichen die Filmaufnahmen fort: Wir filmten nun in einer Art von Stacheldraht umgebenen Appellplatz. Dort stellten wir einen Appell in einem Konzentrationslager nach. Obwohl wir es nur nachspielten, war es beklemmend, durch den Stacheldraht greifen oder auf den Boden sinken zu müssen.

Abends aßen wir gemeinsam in unserem Hotel. Nach dem Essen kamen wir spontan mit Paul Niedermann ins Gespräch. Das war sehr interessant, da er unglaublich offen mit uns sprach. Als er erzählte, wurde uns erst richtig bewusst, dass er einer der letzten Zeitzeugen ist und wir ganz großes Glück hatten, so auf Augenhöhe mit ihm zu reden. Denn was Herr Niedermann uns erzählte, steht so eindringlich in keinem Buch.

Am nächsten Morgen folgten wir den Ausführungen des Historikers Prof. Bernd Martin über die Hintergründe der nationalsozialistischen „Judenpolitik“. Nach dem Mittagessen, fuhren wir auf das alte Lagergelände, auf dem kurz nach dem Krieg ein Wald angelegt worden war. Um sich das Lager besser vorstellen zu können, ist eine Baracke nachgebaut worden. Das Lager bestand aus 13, durch Stacheldraht getrennte, sogenannten „Ilots“ mit jeweils 30 Baracken

Zusammen mit Herrn Niedermann erkundeten wir das Gelände. Als wir in der kleinen zugigen Holzbaracke waren, erzählte er uns von den Zuständen im Lager Gurs. Er berichtete von den katastrophalen hygienischen Bedingungen (1200 der 6500 deportierten Juden fielen wenige Wochen nach der Deportation der Ruhr zum Opfer). Das Lager war völlig überfüllt, es war als vorübergehendes Auffanglager für spanische Bürgerkriegskämpfer gebaut worden und nicht für zehntausende Menschen angelegt (teilweise war es fünffach (!) überbelegt), die hier eingesperrt worden waren. Der Wasserturm war nur klein und das Wasser lief morgens von 6:00 bis 8:00 Uhr in einem „eiskalten Rinnsal“. Es gab keine Küche; mit Hilfe der Spanier lernte Herr Niedermann einen Ofen aus einer Konservendose herzustellen. Zu essen gab es jeden Tag wässrige Suppe, die wenn man Glück hatte, ein Stückchen Möhre enthielt. Das größte Problem waren die Ratten, die nicht nur Ungeziefer und Krankheiten übertrugen, sondern auch noch alles auffraßen. Selbst das Stück Kernseife, das ein Lagergenosse aus Deutschland mitgenommen hatte.

Paul Niedermann gelang schließlich über zahlreiche Umwege mit dem Kinderhilfswerk OSE die Flucht in die Schweiz. Nach Kriegsende zog er nach Paris, wo er bis heute lebt.

Der Besuch des ehemaligen Lagerareals war ausgesprochen beeindruckend, die Gedenkfahrt, so kurz sie auch war, sehr lohnenswert

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