ERINNERUNGSKULTUR

Warum erinnern wir uns einerseits an Vergangenes, warum vergessen wir andererseits Geschehenes? Welchem Kompass folgt unser Gedächtnis, wie wird persönliche, aber auch gesellschaftliche Erinnerung durch unsere Kultur geprägt? Diesen Überlegungen gingen wir im diesjährigen ‚SEMINARKURS DOKUMENTARFILM - ERINNERUNGSKULTUR' auf den Grund, unter der Leitung von Herrn Delvaux de Fenffe.

Film dokumentiert Geschichte. Geschichte dokumentiert Wandel. Film als geschichtliche Quelle vermittelt Botschaften aus dem Leben, das einst gewesen ist. Vergangenheit, die auf Film konserviert wurde, ist nie ganz vergangen. Sie kann zu uns sprechen, Geschichten erzählen. Es sind Geschichten von einer ganz eigenen Ästhetik, Geschichten von Moden, Geschichten vom Wandel, von Erinnerungen an vergangenes Dasein. Die Schülerinnen der Kursstufe 1, die den Seminarkurs belegten, lernten, wie Geschichte im Film dokumentiert wird, Geschichte und Geschichten im bewegten Bild eingefangenen werden und produzierten anschließend als Abschlussarbeit ihren eigenen Dokumentarfilm.

Im Januar 2025 begab sich der Seminarkurs Dokumentarfilm nach Stuttgart, um vor Ort im Archiv der Landesfilmsammlung Recherchen für die anstehenden Seminarkursarbeiten vorzunehmen. 

Seit vielen Jahren schon unterhält des Friedrich-Gymnasium eine enge Kooperation mit der an den SWR angeschlossenen Institution, dem Haus der Dokumentarfilms in Stuttgart. Das Haus des Dokumentarfilms besitzt ein einmaliges Filmarchiv, das sich weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat. Es beherbergt die sogenannte Landesfilmsammlung, ein Archiv von rund 10.000 Amateurfilmen, die im Verlauf von über 100 Jahren von Baden-Württembergern oder in Baden-Württemberg gedreht wurden. Das Haus des Dokumentarfilms versteht sich als Recherchezentrum, forscht wissenschaftlich über den Dokumentarfilm und begleitetet Schüler, Studierende und Promovenden bei ihren filmdokumentarischen Projekten.

Anna Leippe, Mitarbeiterin im Haus des Dokumentarfilms mit Schwerpunkt Archivierung und Konservierung von Film- und Videomaterial führte die Seminarkursler durch über hundert Jahre Filmgeschichte und erklärte anschaulich anhand von längst historischen Bildformaten und Archivalien die mannigfaltigen Aufgaben und Herausforderungen, vor denen die Filmkonservatoren heute stehen.

Im Februar besuchte uns die Freiburger Filmemacherin Sigrid Faltin und brachte uns ihren Film mit "Jung, engagiert und attackiert: Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn", in dem Sie dem Menschen Martin Horn hinter der politischen Arbeit des Oberbürgermeisters mit der Kamera nachgespürt hat. Bereitwillig stellte sich Faltin den Fragen der Seminarkursteilnehmenden, erzählte aus dem Nähkästchen der konkreten Arbeit und diskutierte aus der Perspektive der Autorin und Macherin das Genre Dokumentarfilm, eine Perspektive, die sehr bald auch diejenige der Schülerinnen und Schüler werden sollte.

In der Woche vor Ostern nahmen die Kursteilnehmenden dann in einem intensiven zweitägigen Workshop die Kamera selbst in der Hand, – gemeinsam mit den Freiburger SWR-Filmemachern Christof Gerlitz und Thomas Hermanns. In filmischen Reportagen über das Ehepaar Utz auf dem Herdermer Friedhof und das neu eröffnete Freiburger NS-Dokumentationszentrum am Rotteckring wurde ganz konkret erprobt, wie sich eine dokumentarische Reportage realisieren lässt, wie der Filmemacher Interviewpartnern vor der Kamera begegnet, wie sich dramaturgisch ein Dokumentarfilm realisieren lässt. Nach den praktischen Dreharbeiten haben die Seminarkursler im Schnitt in langen Sitzungen aus dem gedrehten Material fertige Beiträge realisiert. Christof Gerlitz besuchte den Kurs anschließend erneut und arbeitete mit den Schülerinnen und Schülern über das Texten von Filmen.

Im Frühsommer wurde es dann ernst und zeitgleich mit den Abiturientinnen und Abiturienten des Jahrgangs 2025 produzierten die Seminarkursteilnehmenden ihr ganz eigenes Feature, das sie dann in einer eigens angesetzten Prüfung verantworten mussten. Die Realisationen beeindrucken durch ihre Unterschiedlichkeit und Ernsthaftigkeit in Recherche, Bildgebung und Expertise, - Beleg für das große Engagement, das kreative Potenzial und die wirkliche innere Auseinandersetzung, mit der die Seminarkursteilnehmenden an ihren Projekten gearbeitet haben.

» Vom Nichts zu Etwas. Porträt eines moldawischen Fernsehredakteurs
[Länge: 18’29]

» Das Bühlauer Haus. Geschichte einer Enteignung
[Länge: 12’08]

» Der Nebel der Geschichte. Über zwei Brüder, die dem 2. Weltkrieg zum Opfer fielen
[Länge: 17’32]

» Durch Musik erinnern. Fungiert Musik als Träger von Erinnerungskultur?
[Länge: 21‘25]

» Mit Freundschaft entstand Tradition. Geschichte der Gigili-Geister Freiburg-Munzingen e.V.
[Länge: 32’16]

» Freiburg unter Schutt und Asche. Eine Stadt kämpft ums Überleben
[Länge: 18’29]

» Vom Friedhof zum Spielplatz. Wer war Maximilian Dortu?
[Länge: 17’42]

» Vom Radioknopf zum Tastaturgehäuse. Geschichte eines Buchener Entrepreneurs
[Länge: 21’35]

» Zwischen den Welten. Eine Verortung zwischen Deutschland und Namibia
[Länge: 17’50]