17.10.2021 Uhr
Nach einer langen Durststrecke ohne Exkursionen konnte unsere Kursstufe 2 Anfang Oktober 2021 zu einer Kursfahrt nach Berlin aufbrechen. Die kommenden Abiturienten berichten.
Als Herr Delvaux uns am ersten Schultag mitteilte, dass nach über eineinhalb Jahren ohne Exkursion, Ausflug oder Klassenreise, unsere Studienfahrt nachgeholt werden könnte, konnten wir ihm schlichtweg nicht glauben. Doch spätestens am Morgen des 27.Septembers um 9:30 Uhr, als sich die KS2 gemeinsam mit Frau Lugert, Herrn Jahnke und Herrn Delvaux am „Ritter Sport“-Aufsteller in der Freiburger Bahnhofshalle versammelte, realisierten die letzten, dass es nun wirklich nach Berlin gehen würde. Zunächst gab es einiges Organisatorische zu erledigen, eine halbe Stunde später stiegen wir an Gleis 1 aber auch schon in unseren Zug.
Fast alle waren aufgeregt und haben sich auf die Woche gefreut – daran konnte auch der Umstand, dass Wagenreihung und Reservierungen bei der Bahn so gar nicht funktioniert haben, nicht wirklich etwas ändern, auch wenn wir deswegen im Anschlusszug ab Hannover über gefühlte sieben Waggons verteilt saßen.
Nachmittags sind wir am Berliner Ostbahnhof angekommen und in das nur ca. 100 m entfernte Hotel gelaufen. Nach dem Einchecken und kurzen Durchatmen ging es dann zügig zum ersten Programmpunkt in Berlin.
Unsere
Entdeckung Berlins begann mit der größten Kunstausstellung unter freiem Himmel weltweit,
der East Side Gallery.
1990, kurz nach dem Mauerfall, hatten sich 118 Kunstschaffende aus aller Welt
1316 Meter der östlichen Seite des ehemaligen „Schutzwalls“ zur Leinwand
gemacht; Sie hinterließen darauf beeindruckende Zeugnisse ihrer Freude über das
Ende der Zweiteilung Deutschlands und des Kalten Krieges, erzählen jedoch auch
von Schmerz, Bitterkeit und Angst.
Damit retteten sie diesen längsten noch erhaltenen Teil der Mauer vor dem
Abriss und der daraus folgenden kollektiven Verdrängung und machten ihn zu
einem kostenfrei zu besichtigenden, weltberühmten Denkmal.
Überwältigt von der unglaublichen Vielfältigkeit der Werke, die mal mehr, mal
weniger Interpretationsspielraum zuließen, mal schrill und bunt, mal dunkel und
monoton gehalten waren, sich in Stil und Eindrucksweise unterschieden wie Tag
und Nacht, staunten wir, waren nachdenklich, bewegt, lachten und tauschten uns
aus.
Ein feuerrotes Mauersegment, gespickt mit winzigen Gucklöchern und Rissen, die
auf einen strahlend blauen Himmel blicken lassen.
Der längst zur Ikone gewordene „Bruderkuss“ von Honecker und Brezhnew,
„tödliche Liebe“. Ein Exodus riesiger Menschenmassen, zu deren Seiten sich vor
ozeanblauem Hintergrund eine aufgemalte Mauer teilt.
Ein Trabant, der krachend ein Mauersegment durchbricht, das Kennzeichen mit dem
Datum des Mauerfalls versehen, dem neunten November 1989.
Ein Tag, der noch Generationen von Menschen auf der ganzen Welt im Gedächtnis bleiben wird – das beweist die East Side Gallery.
Direkt im Anschluss
begaben wir uns mit der U-Bahn zum Berliner Fernsehturm.
Kaum einige Schritte aus dem nahegelegenen U-Bahnhof herausgetreten, baute er
sich auch schon in all seiner Imposanz vor uns auf:
Der 368 Meter hohe Turm inmitten der Stadt gilt nicht umsonst – gemeinsam mit
dem Brandenburger Tor – als DAS Wahrzeichen Berlins. Besonders in der
nächtlichen Atmosphäre und Beleuchtung schien er noch einmal um einiges höher
zu sein als erwartet. Nach und nach fuhren wir alle mit dem Fahrstuhl in
weniger als 40 Sekunden auf 203 Meter Höhe. Dem einen oder anderen wurde dabei
etwas mulmig zumute, denn die verglaste Decke des Fahrstuhls gab den Blick frei
auf das Innengerüst des Lifts und offenbarte die Geschwindigkeit mit der wir
uns gen Aussichtsplattform bewegten.
Oben angekommen, traten wir vor, nah ran an die gläserne Fassade, die eine Rundum-Sicht
über Berlin ermöglichte. Das nächtliche Berlin strahlte uns mit all seinen
Lichtern und Farben entgegen, ein Ende der Stadt schien nicht in Sicht zu sein.
Nach und nach entdeckten viele einzelne Sehenswürdigkeiten und machten dank der
angebrachten Infotafeln auch zukünftige Programmpunkte in der Ferne aus.
Durch den Besuch des Fernsehturms verschaffte sich jeder einen ersten groben Überblick über die Hauptstadt, vor allem die Vorfreude auf die folgenden Tage war nun geweckt.
Wieder unten
angekommen, schwärmten wir alle zunächst in Kleingruppen aus, um uns zum ersten
Mal an diesem Tag mit etwas Warmen den Magen zu vergnügen.
Danach hieß es zurück ins Hotel und schlafen gehen, denn auch am folgenden Tag erwartete uns ein strammes Programm.
Am nebligen Morgen des Dienstags, unseres ersten ganzen Tages in Berlin, stiegen wir also in aller Herrgottsfrühe am Ostbahnhof in die Straßenbahn und am Hackeschen Markt wieder aus, um den ersten unserer Museumsbesuche in Angriff zu nehmen. Gegenüber dem Berliner Dom auf der anderen Seite der Spree liegt, klein, aber fein, das DDR-Museum, eingerichtet in einem Teil des DomAquarée-Komplexes. Es wirbt mit dem Slogan “Geschichte zum Anfassen” und genießt den Ruf des interaktivsten Museums der Stadt.
Wir alle,
hellwach und erholt von einer ruhigen Nacht langen Schönheitsschlafes, bekamen
ein Ticket und ein Quiz in die Hand gedrückt. Letzteres sollte beim Antworten
Suchen und Ausfüllen den Blick etwas durch die Ausstellung lenken und regte uns
zum Knobeln miteinander an. (Leider wurden unsere Antworten nie abgeglichen,
aber pädagogisch war das Ganze sicher trotzdem sehr sinnvoll).
Die Ausstellung ist in drei Bereiche aufgeteilt, jeder gespickt mit einer Vielzahl an Exponaten zu allerlei denkbaren Themen, die mit der Geschichte der DDR zusammenhängen. Zur Demonstration des damaligen Alltagslebens dient einer der Bereiche, beispielsweise mit einem Trabi-Fahrsimulator, Kindergarten, Kino, Details zur Musik sowie zur urläublich üblichen FKK-Kultur der Bürger.
Eindrücklich dargestellt sind politische Strukturen, Wirtschaft und Militär im zweiten Bereich. Besonders die Staatssicherheit wird hier näher beleuchtet, Verbindungen der Regierung zu anderen Ländern, der Umgang mit der Umwelt; dieser Abschnitt war der weniger spaßige, dafür instruktiver. Per Plattenbaufahrstuhl gelangt man in eine authentisch nachgebaute WBS-70-Plattenbauwohnung, die den Bereich Wohnen darstellt. Dort, zwischen geblümten Tapeten und Spitzenvorhängen, komplettieren originale Exponate wie Schreibmaschine, Fernseher, Kochbuch und Medizinschrank, aber auch ein Ankleidesimulator das Bild. Sie ließen sogar unter uns, die damals nicht in der DDR gelebt haben, etwas Ostalgie aufkommen.
Nach
einem abschließenden Gang durch den Museumsshop kamen wir draußen zusammen und
wurden von dem erfrischenden Nieselregen, der uns empfing, zu unserer nächsten
Station, dem Tränenpalast, begleitet.
Durch seine nette und visuell ansprechende Gestaltung steht das DDR-Museum insgesamt im Kontrast zum Tränenpalast und dem Holocaustmahnmal, zwei weiteren der Ausstellungen, die wir später unter historischem Aspekt besuchten. Das Leben in der DDR war bestimmt nicht immer entsprechend nett und visuell ansprechend.
Obwohl, so empfand ich es, etwas Unheimliches unter der dargestellten bürgerlich-freundlichen DDR-Welt mitschwang, vergaß man als Besucher/in manchmal die Struktur hinter jenem Staat, die Gründe, aus denen man froh ist, nicht damals dort gelebt zu haben. Insgesamt war der Besuch zweifellos für uns alle bereichernd und schön.
Direkt im Anschluss an das DDR Museum begaben wir uns zum Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße. Hier flossen viele Tränen zur Zeit der deutschen Teilung. Ostberliner verabschiedeten sich an diesem Ort von ihren Freunden oder Verwandten, die in den Westen in ihre Heimat zurückkehrten oder die DDR für immer verließen. Man wusste nicht, ob man sich je wieder sehen würde.
Der Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße in Ostberlin war einer der
wenigen Grenzübergänge, über welche die Menschen in den anderen Teil der Stadt
gelangen konnten.
In dem heutigen Museum am historischen Ort des ehemaligen Grenzüberganges,
erwarteten uns persönliche Geschichten von DDR- Bürgern, die ihre Flucht in den
Westen schilderten und ihre Verwandten für immer verließen, um im Westen ein
neues, besseres Leben aufzubauen.
Die einsehbaren Briefe der Ost- und Westberliner spiegelten vor allem ihre Verzweiflung und Ängste wider, waren höchst emotional und eindrücklich.
Ob ihnen ein Reisevisum genehmigt werden würde, war meist - geschuldet
der Willkürlichkeit der Beamten – unvorhersehbar, in den meisten Fällen jedoch
wurde es abgelehnt.
Besonders gut hineinversetzen in die damalige Lage konnte man sich als
Museumsbesucher in der engen Original- Passkontrollkabine.
Dort war es möglich die beklemmenden Spannungen nachzuempfinden, welche die
Menschen auf ihren Weg in den Westen begleiteten.
Sowohl die Zoll- als auch die Passkontrolle sollte die Macht der SED demonstrieren.
Die Menschen, welche die Kabine passieren wollten, wurden genau inspiziert, speziell die Ohren wurden dabei als Erkennungsmerkmal genommen, was viele von uns sehr überraschte.
Alles in allem war es ein sehr eindrucksvoller Museumsbesuch, welcher die Schattenseiten der DDR aufzeigte.
Nach einer kurzen Mittagspause stand für uns als nächstes um 15 Uhr eine Erkundungstour durch Berlin mit dem Fahrrad auf dem Programm.
Mit ein paar Minuten Verspätung trudelten wir alle in der Kulturbrauerei im Berliner Osten ein. Was hier so verlockend nach Bier klingt, ist in dieser Hinsicht eine Enttäuschung. Bei der Kulturbrauerei handelt es sich um ein ehemaliges Braugelände, dass nun für Kultur jeglicher Art genutzt wird.
Um nicht in einer Großgruppe von 45 Leuten die Straßen Berlins unsicher zu machen, teilten wir uns in drei Gruppen auf. Drei Tour-Guides führten uns anschließend auf unterschiedlichen Touren durch Berlin.
Nachdem meine
Gruppe mit Fahrradhelmen und Fahrrädern, in einem mehr oder weniger guten
Zustand (manche hatten tatsächlich noch Rücktritt!), ausgestattet waren,
starteten wir. Unser Tourguide, Olek, stammt ursprünglich aus St. Petersburg
und ist seit 20 Jahren in Deutschland zuhause. Gleich zu Beginn warnte er uns
vor den großen Bergen Berlins, die wir mit unseren Bikes erklimmen mussten.
Letztendlich war er jedoch der Einzige der bei den kleinen Hügeln, im sonst so
flachen Berlin zum Schnaufen kam.
Unser erster Stopp war der Mauerpark mit dem Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark,
in dem 1951 die Weltjugendfestspiele der DDR ausgetragen wurden.
Vorbei an Teilen der Berliner Mauer steuerten wir die Bernauer Straße an, auf deren Südseite von 1961-1989 die Berliner Mauer stand. Somit wurde diese zum Ort vieler Fluchtversuche nach West-Berlin. Seit 1998 befindet sich hier auch die Gedenkstätte „Berliner Mauer“, an der wir auf dem Weg nach Berlin-Mitte vorbeiradelten.
Der nächste
Stopp war Clärchens Ballhaus, das eins der letzten erhaltenen Ballhäuser aus
der Zeit um 1900 ist.
Nach dem Halt bei der Gedenkstätte für das Wirken jüdischer Bürger in Berlin
„Der verlassene Raum“ und dem Mahnmal „The Missing House“, das an die
Luftangriffe im zweiten Weltkrieg erinnern soll, hielten wir das nächste Mal
auf der Museumsinsel. Dort klärte uns Olek über die preußische Vergangenheit
Berlins auf. Um der Bevölkerung Bildung näher zu bringen, entstanden in den
Jahren 1830 bis 1930 im Auftrag der preußischen Könige eine Reihe an
eindrucksvollen Gebäuden, die wir heute als das Alte Museum, das Neue Museum,
die Alte Nationalgalerie, das Bode-Museum und das Pergamonmuseum kennen.
Wir ließen die alten Gebäude hinter uns und machten einen Abstecher zur Wohnung
unserer bis jetzt noch amtierende Bundeskanzlerin, Angela Merkel, bei der wir
Olek nur knapp davon abhalten konnten einen Klingelstreich zu machen.
Gerade noch den Bodyguards entkommen, hielten wir als Nächstes „Unter den
Linden“ und bestaunten die Berliner Staatsoper und die Humboldtuniversität, bei
der sich auch das Denkmal für die Bücherverbrennung befindet.
Vorbei am Kronprinzenpalais und dem Deutschen Historischen Museum, über die
Schlossbrücke erreichten wir auch schon den letzten Stopp: das vor kurzem fertiggestellte
Humboldt-Forum.
Gemeinsam mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages fuhren wir gegen 18 Uhr den
„Berg“ hinauf und beendeten unsere Fahrradtour wieder in der Kulturbrauerei.
Abschließend kann man sagen, dass „Berlin on Tour“ auf jeden Fall eine gute Alternative zur klassischen Stadttour zu Fuß war. Mit einem Programm aus alter und neuer Geschichte haben wir einiges über die Stadt erfahren und gleichzeitig viele bekannte Plätze besucht. Alles in allem sehr empfehlenswert, allerdings sollte man nicht scheuen gegen die StVO zu verstoßen, denn - wenn ich ehrlich bin- über so viele rote Ampeln bin ich noch nie gefahren.
Kaum vom Fahrrad abgestiegen, trommelte Herr Jahnke seine Musik-LKler schon zusammen, um zu einem Konzert der Jungen Sinfonie Berlin zu fahren.
Der Rest der Stufe genoss währenddessen noch ein wenig seine Pause, bevor es für ihn ins Kino ging.
In der kurzen Zeitspanne zwischen der Ankunft mit dem Fahrrad und der Abfahrt der Bahn musste noch schnell etwas gegessen werden; da kam das italienische Restaurant um die Ecke sehr gelegen und jeder konnte noch in Windeseile seinen knurrenden Magen zufrieden stellen. Anschließend (nachdem Frieder sich noch für Herrn Jahnkes Pizza – Rest aufgeopfert hatte) machten wir uns mit der Bahn in Richtung Philharmonie auf.
Leider war
unsere Zeitplanung für den Umstieg ein wenig dürftig und der Anschlussbus ist
uns vor der Nase weggefahren. Trotz eines versuchten, Usain Bolt
Konkurrenz-machenden Sprints und Herr Jahnkes Versuch, den Bus aufzuhalten, indem
er mit ausgebreiteten Armen hinter ihm herrannte, mussten wir auf den nächsten
Bus warten. An der Philharmonie rannten wir anschließend erst einmal um das
sehr beeindruckend aussehende Gebäude, um den richtigen Eingang für unser
Konzert und auch noch für unsere Tickets zu finden.
Endlich wurden wir hereingelassen und, doch aufgrund einiger Schwierigkeiten
mit den Tickets und Organisationsproblemen der Veranstalter hatten wir dann
leider den Anfang des Konzertes, die Suite Nr. 3 von Bach, verpasst. Daher
mussten wir auf den Nacheinlass warten. Die Wartezeit konnten wir zumindest
dazu nutzen, uns noch mit einer sehr freundlichen Angestellten des
Konzerthauses (die ein Funkgerät besaß, das „Mozart“ hieß) unterhalten. Leider
hat sie uns nicht, trotz Herrn Jahnkes Überzeugungsbemühungen , noch vor dem
Nacheinlass reinlassen dürfen.
Als nächstes wurde von der Jungen Sinfonie – jetzt endlich auch mit uns als Zuhörer – das Violinkonzert von Brahms aufgeführt, mit Mayumi Kanagawa als Sologeigerin.
Noch erschöpft vom vielen Rennen waren wir froh, nun endlich sitzen zu können und den schönen Klängen zu lauschen. Vor allem der etwas schwungvollere dritte Satz konnte unsere Müdigkeit vertreiben. Anschließend wurde noch als Zugabe ein Stück von Bach für Solovioline gespielt. Danach wurden wir in die Pause entlassen.
Nach der kurzen Unterbrechung durften wir noch dem letzten Werk, nämlich Brahms’ dritter Sinfonie, zuhören und konnten so den Abend schön ausklingen lassen. Ein ereignisreicher und unerwartet fitnessfördernder erster Tag ging zu Ende.
Am Dienstagabend nach unserer kleinen Fahrradtour, setzte sich der Rest der Stufe Richtung Kino in Bewegung. Zur Wahl standen zwei Filme: die science-fiction Neuverfilmung der Bücherreihe „DUNE“ und die Verfilmung der bekannten Deutschlektüre „Die Schachnovelle“ von Stefan Zweig. Nur eine kleine Gruppe entschied sich zusammen mit Herrn Delvaux für letzteren, erzählte danach allerdings höchst begeistert von der filmischen Umsetzung und den talentierten Schauspielern.
Diejenigen, die sich für die scheinbar leichtere Kost entschieden hatten, schwärmten nach Kartenkauf noch einmal aus, um sich noch etwas – außer jeder Menge Popcorn und Nachos - zu essen zu holen. Drei Stunden, einen Bauch voll Snacks und viereckigen Augen später, waren viele verwirrt. Nach 2 Stunden Planetenaufnahmen erwarteten die meisten den finalen Showdown – wurden aber enttäuscht. Der seit nun fast 4 Wochen laufende Blockbuster umfasst entgegen der Erwartung eben nicht die gesamte Geschichte des Dune-Universums, erst 2024 wird wohl der zweite Teil folgen. Als wir dann erschöpft nach diesem langen Tag im Hotel ankamen, ging es auch schon ziemlich schnell in die Heia.
Nachdem wir am Vormittag des dritten Tages in Berlin bereits den Pariser Platz, das Brandenburger Tor und den Bundestag (zumindest von außen) besichtig hatten, machten wir uns als Gruppe im nun strömenden Regen auf den Weg zum Holocaust-Mahnmal, dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Geplant war eine geführte Tour durch das wellenförmige Feld aus 2711 Betonstelen. Wegen des Regens wurde die Tour jedoch in den unter dem Stelenfeld gelegenen „Ort der Information“, ein Museum über die Shoah verlegt.
Der „Ort der Information“ dokumentiert in einer Ausstellung die Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden. Da der Eintritt mit einer ausführlichen Sicherheitskontrolle verbunden war, standen wir zunächst eine Stunde vor dem Eingang im strömenden Regen. Mit Müh und Not quetschten wir uns unter die drei von klugen Schülern mitgebrachten Schirme. Durchgeweicht und leicht verfroren wurden wir drinnen in zwei Gruppen aufgeteilt, wo uns im Anschluss Informationen zur Geschichte des Mahnmals gegeben wurden, sodass wir eine ganz eigene Position zu dem Erinnerungsort und dem Kunstwerk entwickeln konnten. Danach besichtigten wir die ständige Ausstellung. Diese begann mit einem Überblick über die nationalsozialistischen Terrorpolitik von 1933-1945.
Im Zentrum der Ausstellung steht ein Raum, in dem Tagebucheinträge, Notizen und Briefe auf dem Boden geschrieben stehen, die während der Verfolgung entstanden sind. Hier konnte man die Fassungslosigkeit der Besucher sehr deutlich spüren, die Dokumente der teils sehr jungen Opfer machten alle sprachlos. Nach diesem „Raum der Dimensionen“ gab es noch einen „Raum der Familien“, einen „Raum der Namen“ und einen „Raum der Orte“, in denen einzelne Schicksale von Familien dargestellt wurden.
Die Eindrücke dieser Ausstellung wirkten noch sehr lange nach.
Was haben Chips und französische Impressionisten gemeinsam? Richtig – beide sind saugeil!
Nun, Spaß beiseite. Sollte man in Berlin sein, lohnt es sich tatsächlich enorm, der Alten Nationalgalerie einen Besuch abzustatten, und das gilt nicht nur für Leute, die abgesehen von der Schule mit Kunst vielleicht nicht so viel am Hut haben!
Aber fangen wir von vorne an: Als wir Schüler also am letzten Tag unserer Berlinfahrt einige Stunden Freizeit hatten, haben meine Freunde und ich uns überlegt, wie wir diese Zeit gestalten sollten. Mein Vorschlag, die Alte Nationalgalerie zu besuchen, stieß zunächst nicht auf viel Anklang, schließlich habe ich es dann aber dennoch geschafft, mein Vorhaben an den Mann zu bringen. Bei der Ankunft imponierten uns zunächst das gewaltige Gebäude sowie die eindrucksvolle Eingangshalle. Als wir dann noch erfuhren, dass der Eintritt (inklusive Audio-Guide) für unter 18-Jährige kostenlos ist, konnten wir die Betrachtungstour mit einem gut gelaunten Mindset starten!
In den großen, wunderschönen, gut ausgeleuchteten Hallen des Museums konnten wir nun also Werke aus Epochen wie der Romantik, des Impressionismus, des Expressionismus und des Realismus sowie vielen weiteren (hauptsächlich 19. Jhdt.) betrachten. Zu finden waren Künstler wie Caspar David Friedrich, Paul Cézanne, Claude Monet, Paul Gaugin, Pierre-Auguste Renoir, Adolph Menzel, Vincent Van Gogh, Claude Pissaro, Édouard Manet, Edgar Degas und viele weitere große Meister. In einer Sonderausstellung konnte man außerdem Werke von Gerhard Richter betrachten.
Es ist durch Ansprechen des Personals sogar möglich, sich kostenlos einen Klappstuhl liefern zu lassen, falls man manche der Gemälde eine längere Zeit begutachten will. Am Ende unseres dreistündigen Museumsbesuches versicherten mir alle meine Freunde, auch die, welche jenem gegenüber zunächst abgeneigt gewesen waren, dass sich die Besichtigung sehr gelohnt hat!
P:S: Wenn man sich vor dem Besuch der Alten Nationalgalerie eine Preußische Schlachteplatte und ein Berliner Schwarzbier in der „Gerichtslaube“ hinter den Gaumen massiert, lohnt er sich umso mehr!
Pünktlich wie eh und je, trafen wir uns alle nach unseren ersten freien Stunden in der Großstadt zum nächsten Programmpunkt: einer abendlichen Spreefahrt. An der Anlegestelle „Alte Börse“ betraten wir das kleine, gemütliche Boot, mit platten Füßen, sattgegessen und voll von Eindrücken des Tages.
Unter freiem Himmel sitzend, wurden wir vom Kapitän begrüßt und tuckerten
schließlich langsam los.
Die leicht touristisch angehauchte Tour führte uns zunächst die Spree runter
Richtung Regierungsviertel, vorbei am Kanzleramt, dem Abgeordneten-Kindergarten
und den wunderschönen alten Häusern Berlins. Nachdem wir den Reichstag passiert
hatten, kehrten wir um und ließen uns von den letzten Sonnenstrahlen der Spätsommersonne
bescheinen. Während uns dabei der kühle Abendwind um die Nase blies, versorgte
der Kapitän uns mit Wissen über die vorbeigleitenden Sehenswürdigkeiten. Die
einen hörten interessiert zu, die anderen vergnügten sich lieber mit Karten
oder genossen einfach den Sonnenuntergang - denn der konnte sich nun wirklich
sehen lassen.
Der dritte Tag der Reise neigte sich dem Ende zu, Ruhe kehrte ein. Alle ließen
die Eindrücke nachwirken, tauschten sich über Gesehenes aus und blickten
fasziniert auf die vorbeiziehenden Lichter Berlins. Doch dass wir nach unserer
Fahrt noch einmal die Möglichkeit bekommen würden, Berlin bei Nacht zu
erkunden, ja, damit rechnete zu in diesem Augenblick noch wirklich keiner.
So begaben sich die einen nach Ankunft des Schiffes am Steg in die Innenstadt, andere in Richtung Brandenburger Tor und Regierungsviertel. Dort wurde einige Wochen lang ein Freilichtkino an der Fassade des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses ein Film zur Geschichte der Demokratie in Deutschland gezeigt. Die kreative Lichtinstallation begeisterte uns sehr – und auch für die nächste Klausur in Geschichte war etwas dabei.
Gähnend und
etwas übernächtigt machten wir uns am vierten und letzten Tag unserer Reise
direkt nach dem Frühstück auf den Weg zu unserem ersten Programmpunkt dieses
Tages: die Berliner Unterwelten. Der gleichnamige Verein bietet verschiedene
Touren unterhalb Berlins an, führt durch alte Bahntunnel, Bunker und erzählt
Geschichten der Flüchtenden und Zivilisten während des zweiten Weltkrieges.
Aufgeteilt in drei Gruppen begab sich unsere Stufe auf jeweils drei
verschiedene Touren. Meine Gruppe hatte sich für die Tour „Dunkle Welten“
entschieden, die uns durch einen der vielen Luftschutzbunker des zweiten
Weltkrieges führte. Mehrfach vor der unterirdischen Kälte von Herrn Delvaux
gewarnt, hatten wir uns alle in unsere wärmsten Jacken und Pullover gepackt.
Doch wie sich herausstellen sollte, völlig umsonst. Kaum waren wir die ersten
Treppenstufen hinabgestiegen, öffneten die ersten den Zippverschluss ihrer
Jacke.
Über die allgemeinen Zippergeräusche und Beschwerden hinweg erzählte der
Tourguide uns von den Zuständen während des zweiten Weltkrieges. Damals wurden
oft die Räume oberhalb und im Bereich der U-Bahn zu Luftschutzzwecken
ausgebaut. So entstand auch im U-Bahnhof Gesundbrunnen auf mehreren Etagen
unterirdische Schutzräume für Reisende und Anwohner. Teilweise noch im
Originalzustand erhaltene Gegenstände, aufgehängte Betten und Bänke machten das
damals Geschehen fast greifbar. Das Leid und die Angst, die unausstehlichen
Stunden des Wartens, im Ohr das Dröhnen der Bomber, deren folgenschwere Last zu
jeder Sekunde den Zufluchtsort hätte treffen können.
Besonders eindrucksvoll war auch die Lüftungsanlage des unterirdischen Notaufenthaltsortes.
Aufschließbare Schächte, die eine direkte Verbindung zum U-Bahn-Tunnel
darstellten, ließen dank der regelmäßig durchfahrenden Züge die Luft im Gebäude
zirkulieren und brachten so halbwegs frischen Sauerstoff herein. Genau zum
Zeitpunkt unserer Betrachtung des Luftschachtes fuhr eine U-Bahn unter uns
entlang und wir konnten am eigenen Leib erfahren, wie angenehm der leichte
Luftwechsel sich anfühlte. Inzwischen nur noch im T-Shirt gekleidet, begaben
wir uns in den nächsten Raum. Dort in beleuchteten Vitrinen ausgestellt waren
Bombenteile, aber auch Schutzzubehör, wie zum Beispiel eine Gasmaske.
Fasziniert waren wir alle von der „Berliner Rohrpost“. Die viele Kilometer
lange Anlage zur Beförderung von Briefen, Telegrammen und Postkarten, ist in
Teilen bis heute noch erhalten. In kleinen Dosen werden die zu verschickenden
Dokumente durch ein ausgeklügeltes Luftdrucksystem durch die langen Rohre
befördert und erhalten so schneller als jeder Postbote es je könnte ihren
Empfänger.
Nach dem Krieg blieb die Luftschutzanlage vom Demilitarisierungsprogramm der Alliierten verschont, weil man bei einer Sprengung den U-Bahntunnel gefährdet hätte. Und so ist sie bis heute erhalten und erzählt die Geschichte der allgemeinen, schutzsuchenden Bevölkerung und von den traumatisierenden Stunden in den engen Schutzräumen. Das urbane Treiben Berlins einmal von unten zu erleben, die vorbeifahrenden U-Bahnen und die deutsche Geschichte im Ansatz am eigenen Leib zu spüren, hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Für mich und
Josefine, Marlene, Emil, Johanna und Lotti hieß es am Donnerstagnachmittag (nach
einem Crêpe) auf nach Kreuzberg, in die Berlinerische Galerie- das Museum für
moderne und zeitgenössische Kunst in Berlin. Dort ausgestellt waren zunächst
einige neuere Konstruktionen von Alicia Kwade, welche inspiriert von
gesellschaftlichen, aber auch philosophischen und naturwissenschaftlichen
Fragestellungen versuchte, den Menschen und seine physische Präsenz im Raum zu
beschreiben. So versetzte sie beispielsweise zahlreiche Smartphones und
stapelte sie zu einer Doppelhelix, also unserer DNA. Eine weitere große
Ausstellung zeigte Werke Ferdinand Hodlers und der Berliner Moderne;
unverwechselbare Berglandschaften sowie seine symbolischen Figurenbilder (z.B.
„die Nacht“) beeindruckten uns sehr.
Gleichzeitig liefen im sogenannten IBB-Videoraum der Berlinerischen Galerie Videos von Igor Vidor, welche soziale Ungerechtigkeit und tief verwurzelte Gewalt im alltäglichen Leben in Brasilien reflektierten. Schließlich machten wir uns nach einem Stopp im Museumscafé auf nach Kreuzberg-Mitte. Dort fanden wir uns im Secondhand und Vintage-Store "Paradies" wieder. Während wir die schönen Straßen in der Sonne entlangliefen und von einem Laden zum anderen schlenderten, entdeckten wir auch einen Fotoautomaten, in dem es mit 5 Leuten zwar etwas eng, aber der uns dennoch oder vielleicht genau deswegen großen Spaß bereitete.
Unseren Besuch in Kreuzberg rundeten wir mit einem Essen bei einem sehr guten veganen Vietnamesen ab. Um kurz vor 20 Uhr trafen wir uns schließlich zu unserem letzten offiziellen Programmpunkt an der Friedrichsstraße beim Kabarett-Theater „Distel“. Aufgeführt wurde „Deutschland in den Wechseljahren“: Vier Kabarettisten parodierten Angela Merkel in der Badewanne, Afd-Kandidaten (und Wähler), Virologen und Fußballer. Moses an der EU-Einreisekontrolle und Parodien von Kim Jong Un, Erdogan oder Bolsonaro brachten doch die meisten von uns zum Lachen.
Noch lange in Erinnerung bleiben wird aber auch der Ausklang dieses letzten Abends in Berlin. Auf gut Glück versuchten wir es in einer Kneipe. Zwar hatten wir tatsächlich den Raum für die gesamte Stufe und Lehrer alleine, die Bewirtung (welche wahrscheinlich ihren Monatsumsatz mit uns machte) war jedoch auch etwas überfordert mit uns 40 durstigen Menschen. Während wir schließlich mit unserem Bier, Softdrinks oder Cocktails miteinander anstießen, amüsierten sich einige auch an Herr Delvauxs Bierdeckel-Flip Fähigkeiten, welche uns alle schwer beeindruckten.
Irgendwann hat aber jeder toller Tag sein Ende - besonders, wenn schon die vorangegangenen Nächte kurz gewesen und die Tage bunt, interessant und erlebnisreich waren. So machten wir uns müde, aber glücklich auf den Rückweg zum Hotel.
Der Tag der Rückreise kam für viele schneller als gedacht. Es bedeutete vor allem um 7:30 Uhr frühstücken (auch wenn unsere Lehrer wissentlich und relativ hartnäckig die Fehlinformation verbreiteten, das Frühstück sei schon um 6:30 Uhr). Ein letzter prüfender Kontrollblick unter die Betten und in die Schränke, Koffer zu und ab zum Ostbahnhof.
Es ist schwer zu sagen, was überwog: Traurigkeit, dass die Berlinfahrt schon endete, Vorfreude auf Zuhause, oder einfach nur die bei vielen vorherrschende Übermüdung. In einem Punkt ähnelten sich Hin- und Rückfahrt jedoch sehr: Auch diesmal wollte es der Deutschen Bahn mit Pünktlichkeit und Reservierungen nicht so ganz gelingen. Aber Wagenreihung hin oder her – am Ende kam der Zug in Freiburg an. Hier zerstreute sich die Gruppe schnell – die einen sind gleich zur Straßenbahn gegangen, andere wurden abgeholt oder sind noch ein bisschen am Gleis stehen geblieben. Und so endete die Stufenfahrt nach Berlin mit einer müden, aber glücklichen KS2, die die Zeit in Berlin gut überstanden hat und sicher noch eine ganze Weile lang einige schöne und auch nachwirkende Erinnerungen behalten wird.
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