10.02.2022 Uhr
Für ihre Seminarkursproduktion „Spurensuche – Generation ohne Väter“ wurde unsere kommende Abiturientin Yolanda Hahn mit dem Jugendfilmpreis Baden-Württemberg in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ ausgezeichnet. Schulreporterin Josefine Rump (KS2) berichtet.
Im Rahmen des Seminarkurses Dokumentarfilm „Großeltern. Begegnung und Spurensuche“ im Schuljahr 2020/2021 recherchierte Yolanda Hahn über das Schicksal, infolge des 2. Weltkrieges ohne eine Vaterfigur aufwachsen zu müssen – und setzte dabei bei ihrem eigenen Großvater Klaus an. Gemeinsam mit ihm erzählt Yolanda feinfühlig die emotional besetzte Geschichte nach und setzt die konkreten historischen Rahmenbedingungen in Bezug zur persönlichen Biografie ihres Opas. Für die Jury ein überzeugendes Werk, das in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" mit dem Jugendfilmpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde.
Der in Stuttgart ausgerichtete Jugendfilmpreis Baden-Württemberg hat es sich seit 2004 zur Aufgabe gemacht, junge Talente von morgen zu suchen, zu finden und zu fördern. Der Preis ist mit 300 Euro dotiert, gestiftet vom Haus des Dokumentarfilms in Stuttgart. Die Hälfte des Geldes stiftet Yolanda an den kommenden "Seminarkurs Dokumentarfilm" 2022-2023.
Josefine Rump (KS2) traf die frisch gekürte Preisträgerin zum Interview, in dem Yolanda von ihrer Arbeit und ihrer Preisverleihung der etwas anderen Art berichtet.
Welche Geschichte erzählst du in deiner Dokumentation?
"In meinem Film zeichne
ich den historischen Verlauf des Unternehmens Barbarossa und verbinde es mit
dem Schicksal meines Großvaters Klaus, dessen Vater an der Ostfront gekämpft
hat und spurlos verschwunden ist (, wie auch der Titel ja schon sagt.)
Mein Opa ist dann ohne Vater, nur mit Frauen im Haushalt aufgewachsen und wurde
dementsprechend geprägt."
Wie bist du auf die
Idee bekommen? Was hat dich dazu bewegt sie zu verwirklichen?
Im Seminarkurs habe ich mir erstmal überlegt, welche meiner Großeltern ich behandeln möchte, weil ich eigentlich alle Geschichten an sich spannend fand. Aber irgendwie hat mich schlussendlich die Geschichte meines Opas am meisten gepackt und ich hatte den Eindruck, dass er auch am besten frei sprechen kann. Er interessiert sich außerdem auch voll für Geschichte, also für seine und die seines Vaters – das war natürlich praktisch. Lacht.
"Besonders bei den Interviews ist mir das aufgefallen, er hatte großen Spaß
daran den Film mit zu gestalten und seine Geschichte zu erzählen. Und diese
Rolle, also, dass du als Nachkriegskind ohne Vater aufwächst, ist schon sehr
tragisch und hat damals viele Kinder betroffen.
Ich fand es deshalb sehr beeindruckend wie mein Opa zu dem geworden ist, der er
jetzt ist - ohne Vater bzw. Vorbild. In meinen Augen hat er eine
bewundernswerte Vaterrolle erfüllt, von der ich gerne erzählen wollte."
Mit welchen Problemen wurdest du während der Produktion und Recherche konfrontiert?
"Ich würde nicht sagen, dass ich
jemals so richtige Probleme hatte, weil ich von meiner ganzen Familie in dem
Projekt unterstützt wurde, da auch sie sehr an der Geschichte interessiert
waren. Zusätzlich war es sehr emotional für meine Familie, besonders meinem Opa
und meiner Mutter ist es zwischendurch echt nahe gegangen.
Natürlich hatte ich aber zwischendurch häufig Probleme mit dem Schnittprogramm (schmunzelt),
aber auch da konnte ich immer auf jemanden zurückkommen, der mich
unterstützt hat oder dann gesagt hat 'Hey, probier‘ es doch mal so' “.
Wie hast du die
Preisverleihung erlebt?
"Ich war bei einem Freund und ich habe mit den anderen Nominierten in einer Zoom Konferenz gesessen, weil das große Festival wegen Corona abgesagt wurde. Allgemein war die Preisverleihung leider nichts so besonderes, weil es ja eigentlich in einem ganz anderen Maß stattgefunden hätte. Im nächsten Jahr wird es aber wahrscheinlich ein Nachtreffen geben."
Wie hat es sich
angefühlt als bekannt gegeben wurde, dass du gewonnen hast?
„Hä träum ich jetzt? Was ist passiert? Und dann habe ich erst einmal
geschrien. lacht
Es wurden auf jeden Fall Glückshormone ausgestreut. Ich war aber vor allem
total geschockt und baff, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Mein erster
klarer Gedanke war: „Oh mein Gott, ich muss es meinem Opa sagen!“ Er hat sich
dann auch total gefreut und einen seiner typischen Opa-Klaus-Sprüche
rausgelassen."
Und zwar?
„Das muss wohl an dem guten Protagonisten gelegen haben.“
Was fängst du jetzt mit dem gewonnenen Preisgeld an?
"Das, was davon übrig geblieben ist, werde ich für meine Reise nach dem Abitur
sparen oder für meinen Auto- und Motorradführerschein, mal sehen."
Inwiefern hat dich
deine Arbeit denn bewegt? Was hast du daraus gelernt?
"Die Arbeit war eine sehr
persönliche, eigentlich sogar mehr eine Identitätsfrage, auf die ich eine
Antwort gesucht habe. Natürlich weiß ich jetzt nicht zu 100% wer ich bin, denn
das ist meiner Meinung nach ein lebenslanger Entwicklungsprozess. Es hat mir
aber dabei geholfen zu verstehen, wer mein Opa ist und wie er aufwuchs, das hatte
ich vorher nicht wirklich realisiert, ich bewundere meinen Großvater einfach
sehr. Gelernt habe ich vor allem, dass die Prägung durch den eigenen Vater sehr
bedeutend ist, auf der anderen Seite finde ich es total krass was aus meinem
Opa ohne Vater geworden ist.
Für mich war ab einem bestimmten Zeitpunkt aber auch klar, dass ich diesen Seminarkurs nicht nur für eine Note mache, sondern für mich selber. Und dass ich auch gerade dabei bin heraus zu finden, wer ich bin. Besonders das etwa vier Stunden lange Interview mit meinem Opa hat einen Mehrwert und das nicht nur für mich, sondern vielleicht auch einmal für meine Kinder oder für meine Familie allgemein."
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